Gesetze kompakt: Änderungen in der Biostoffverordnung

Still und leise über die Sommermonate wurde die Biostoffverordnung angepasst. Ich hatte bereits im Seminar im August über die Änderungen berichtet. Am 01.10.2021 ist die neue BiostoffV in Kraft getreten. Was Sie jetzt wissen müssen:

Anwendungsbereich

Die Biostoffverordnung hat ihren Ursprung im Arbeitsschutz. Daher regelt sie bisher die Maßnahmen im Umgang mit Biostoffen zum Schutz der Beschäftigten bei Tätigkeiten. Neu ist, dass nun auch Beschäftigte mit einbezogen werden, die einer Gefährdung ausgesetzt sein können, ohne selbst direkt mit Biostoffen zu arbeiten. Diese Änderung ist natürlich ein Zugeständnis an die Covid-19 Pandemie.

Was bedeutet dies in der Praxis? Vorgesetzte haben eine Gefährdungsbeurteilung gemäß BiostoffV zu erstellen und Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter zu ergreifen wenn diese Biostoffen ausgesetzt sein könnten ohne mit diesen zu arbeiten.

 

§16 Anzeigepflichten

Der wohl wichtigste Paragraph §16 wurde folgendermaßen angepasst (rot: gelöscht, grün: neu):

BiostoffV.png

Was bedeutet das in der Praxis?

  • Satz 1a ist nur eine Konkretisierung, da dies in der Vergangenheit oft falsch verstanden wurde.Dadurch ist der alte Satz 1b weggefallen.
  • Satz 1b ist neu. Hier einige Beispiele:
    • Diagnostik an HIV (RG 3**) oder SARS-CoV-2 (RG3) ist anzeige pflichtig, da hier die Tätigkeit auf den Erreger ausgerichtet ist und es unter S2 fällt.
    • ABER Diagnostik, zB Blutbild, eines HIV oder Covid-19 erkrankten Patienten nicht. Hier gilt zwar S2 aber die Tätigkeit ist nicht auf einen Erreger ausgerichtet.
    • Forschung an humanen Proben in S2 (!!) ist nicht anzeige pflichtig. Wichtig: bei einer bekannten Infektion mit RG3** und RG3 Erregern muss geklärt werden, ob S2 möglich ist. Stichwort Gefährdungsbeurteilung! Landet man in S3 herrscht Erlaubnispflicht gemäß §15.

§17 Unterrichtung der Behörde

Dieser Paragraph wurde nicht geändert, ist aber bei vielen nicht präsent:

(1) Der Arbeitgeber hat die zuständige Behörde unverzüglich zu unterrichten über

  1. jeden Unfall und jede Betriebsstörung bei Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3 oder 4, die zu einer Gesundheitsgefahr der Beschäftigten führen können,
  2. Krankheits- und Todesfälle Beschäftigter, die auf Tätigkeiten mit Biostoffen zurückzuführen sind, unter genauer Angabe der Tätigkeit.

Was bedeutet dies in der Praxis?

z.B. wurde von der Landesunfallkasse eine Übersicht aller Covid-19 Krankheitsfälle verlangt, selbst wenn diese nur im Verdacht standen mit der beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang zu stehen. ABER dieser Absatz gilt für jedweden Umgang mit Biostoffen, bereits in S1. Sollte der Verdacht bestehen, dass eine Erkrankung im Zusammenhang mit der Tätigkeit mit Biostoffen steht ist sofort die Behörde zu unterrichten.

Abgesprochenes Prozedere: Der Betriebsärztliche Dienst schickt Kopie der Berufskrankheiten Verdachtsanzeige an das Gewerbeaufsichtsamt Göttingen, welche für die BiostoffV zuständig ist. Das bedeutet aber auch, dass bei Verdacht der betriebsärztliche Dienst kontaktiert werden muss!