Rückstufung viral transduzierter Zelllinien von S2 nach S1

Die virale Transduktion von eukaryoten Zellen zur stabilen Genexpression ist ein vielfach angewendetes Standardverfahren, die entstehenden GVOs sind oftmals der RG2 zuzuordnen. Unter bestimmten Umständen ist es möglich die entstehenden GVO-Zelllinien für die weiteren Arbeiten in die Sicherheitsstufe 1 zurückzustufen. Was muss dabei beachtet werden?

Generell sollte man bei der Einstufung gentechnischer Arbeiten immer auf eine der zahlreichen ZKBS Stellungnahmen zurückgreifen. Bei Antragsstellung und der dabei nötigen Risikobewertung kann man sich einfach auf die zutreffenden Kapitel der Stellungnahme beziehen und sich und der Genehmigungsbehörde das Leben leichter machen.

Bereits in 2011 wurde die Auswaschdauer von viralen Vektoren aus Zellkulturen amtlich untersucht und z.B. festgestellt, dass spätestens nach 3 Passagen keine lentiviralen oder adenoviralen Partikel mehr im Überstand nachgewiesen werden konnten (Quelle: „Bestimmung der Auswaschdauer von viralen Vektoren aus Zellkulturen“, Bereich Gesundheitsschutz, Kanton Basel, 30.03.2011).

Früher reichte in Anträgen ein Hinweis auf die Einhaltung der o.g. Auswaschdauer oder ein kurzer Verweis auf einen wie auch immer gearteten Nachweis der Virusfreiheit. Dies wird nicht mehr akzeptiert; der experimentelle Nachweis muss im Detail beschrieben werden.

Adenoviren (Ad5)

Zur allgemeinen Risikobewertung des viralen Gentransfers mittels AdV-Vektoren inklusive der Einstufung unterschiedlicher Systeme lesen Sie bitte die Stellungnahme der ZKBS 6790-10-28 Gentransfer mit Mastadenoviren aus Primaten. Bei Klonierung von Onkogenen muss zusätzlich die Stellungnahme 6790-10-83 beachtet werden.

Problematik

Für die Herstellung rekombinanter jedoch replikationsdefekter adenoviraler Partikel werden Systeme mit mindestens deletiertem E1 Bereich verwendet zu deren Herstellung eine Helferzelllinie notwendig ist, die das E1 Gen exprimieren. Hierbei wird häufig auf die Zelllinie HEK293 zurückgegriffen. Hierbei kann es jedoch zur homologen Rekombination kommen, so dass replikationskompetente AdV-Partikel entstehen können. Zellen, die mit so hergestellten Viren transduziert werden, sind daher in die Risikogruppe 2 eingestuft (siehe auch Kapitel 3.7 der o.g. Stellungnahme). Eine Alternative wäre die Nutzung anderer Helferzelllinien oder sog. gutless-Systeme.

Praxis

Ein reines auswaschen der entstehenden gentechnisch veränderten Zielzellen reicht für eine Rückstufung in die Risikogruppe 1 nicht aus. Wie unter Kapitel 4.1 der o.g. Stellungnahme gefordert muss die Abwesenheit replikationskompetenter Viruspartikel zunächst experimentell nachgewiesen werden.

Lentiviren

Generell sei auf die Stellungnahme der ZKBS 6790-10-41 „Stabile und transiente Genexpression mithilfe y-retroviraler und lentiviraler Vektoren“ verwiesen. Dort finden Sie alle Details sowie die Risikobewertung der verschiedenen Arbeitsschritte inkl. aller Eventualitäten.

An dieser Stelle soll es nur um die mögliche Rückstufung von Zelllinien der RG1 gehen, welche mit HIV-1 abgeleiteten lentiviralen Vektoren neuerer Generation transduziert wurden.

Problematik

Die Erzeugung von Lentiviren sowie die Transduktion weiterer Zellen sind prinzipiell in S2 eingestuft, die entstehenden GVOs ebenfalls in die Risikogruppe 2 (siehe 4.14 sowie 4.15 der o.g. Stellungnahme).

Bei Verwendung von lentiviralen Systemen der 2., 3. oder neueren Generation ist jedoch nicht von einer homologen Rekombination und damit Wiederherstellung des Wt-Virus auszugehen. Sie wird als wenig wahrscheinlich angesehen, da aufgrund der mindestens drei unterschiedlichen Plasmide mindestens zwei Rekombinationsereignisse stattfinden müssten und den lentiviralen Produktionssystemen außerdem auch das Gen für das HIV-1-eigene Hüllprotein (env) fehlt.

Dementsprechend wird gemäß Kapitel 4.27 der o.g. Stellungnahme darauf verwiesen, dass Zellen der RG1, welche mit diesen replikationsdefekten Viren transduziert wurden in die Risikogruppe 1 eingestuft werden können, „sofern die Zellen den Replikationsdefekt nicht komplementieren und den Zellen keine infektiösen retroviralen Vektoren mehr anhaften.“

Praxis

In lentiviral transduzierten Zellkulturen lassen sich jedoch häufig noch lentivirale RNA-Sequenzen für z.B. HIV-1-gag, HIV-1-pol oder VSV-G aus den Produktionszellen in den ersten Passagen teilweise noch nachweisen.

Bei der Rückstufung lentiviral transduzierter Zelllinien in die Risikogruppe 1 ist die Abwesenheit infektiöser amphotroper Vektorpartikel (= Risikogruppe 2) im Überstand der transduzierten Zellen sicher zu stellen.

Für die Bestimmung von Viruspartikeln im Überstand der Zellen muss ein validiertes Verfahren verwendet werden. Dies kann z.B. eine sensitive (RT-)PCR oder die Durchführung eines p24-Antigen-ELISA oder eines Infektionsassays sein. Alternativ kann auch die Analyse eines Zellpellets auf unerwartete virale Sequenzen, insbesondere HIV-gag, HIV-pol und VSV-G über RT-PCR vor einer beabsichtigen Rückstufung zielführend sein.

In der Methodensammlung des LAG (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Gentechnik) findet sich eine Anleitung für PCR-Nachweisverfahren: https://www.lag-gentechnik.de/documents/am-031_1594122876.pdf