Neues Strahlenschutzrecht VIII: Augenlinsen schützen! Neuer Grenzwert der Augenlinsendosis und die Pflicht zur Dosisermittlung

Mit dem neuen Strahlenschutzrecht wurde der Grenzwert für die Organ-Äquivalentdosis der Augenlinse (Augenlinsendosis) von 150 mSv auf 20 mSv pro Kalenderjahr deutlich gesenkt (§ 78 Strahlenschutzgesetz). Damit soll einer Kataraktbildung bei beruflich strahlenexponierten Personen vorgebeugt werden.

Gemäß § 64 Strahlenschutzverordnung ist nun grundsätzlich in Strahlenschutzbereichen (Kontroll- und Überwachungsbereich) eine Ermittlung der Körperdosis vorgesehen, wobei in Überwachungs­bereichen auf die Ermittlung der Körperdosis verzichtet werden kann, wenn nachgewiesen wird, dass Werte von 1 mSv pro Kalenderjahr für die effektive Dosis sowie von 15 mSv für die Augenlinsen­dosis und von 50 mSv für die lokale Hautdosis nicht erreicht werden. Mit Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde kann auch im Kontrollbereich auf die regelmäßige Messung der Körperdosis bzw. Augenlinsendosis verzichtet werden, wenn die o.g. Werte bei der jeweiligen Tätigkeit nachweislich nicht erreicht werden.

Welche Maßnahmen sind ab sofort zu ergreifen?

Maßnahmen zum Schutz der Augenlinse sollten, sofern im Arbeitsalltag bisher noch nicht umgesetzt, zukünftig verstärkt genutzt werden. Bleiglasbrillen, Visiere, deckenmontierte oder mobile Abschirmungen bieten einen solchen Schutz. In der UMG werden Bleiglasbrillen sowie Visiere von den Abteilungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den entsprechenden Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt.

An der Universität Göttingen inklusive UMG soll baldmöglichst an den betroffenen Arbeitsplätzen die maximal mögliche Augenlinsendosis durch exemplarische, nicht personenbezogene Messungen oder ggf. durch Berechnungen erhoben werden. Zur Ermittlung dieser Maximaldosis können vor der Strahlenschutzbrille getragene amtliche Teilkörperdosimeter z.B. Kopf/Stirnbanddosimeter genutzt werden. Auch elektronische Echtzeitdosimeter, die die Exposition während der Tätigkeit überwachen, können hilfreich sein. Durch weitere Messungen hinter der Strahlenschutzbrille bzw. dem Visier kann die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen überprüft werden.

Wenn dann bei Tätigkeiten mit Röntgenstrahlung oder radioaktiven Stoffen eine Überschreitung von 15 mSv pro Jahr für die Augenlinse möglich oder tatsächlich bereits aufgetreten ist, muss ab sofort zusätzlich zum amtlichen Ganzkörperdosimeter auch die Augenlinsendosis regelmäßig in Augennähe mit einem amtlichen Teilkörperdosimeter gemessen werden, um die Einhaltung des neuen gesetzlichen Grenzwertes von 20 mSv pro Jahr zu belegen. Hierfür eignet sich z.B. ein seitlich an der Stirn unter der Schutzbrille/dem Visier getragenes Kopf/Stirnbanddosimeter. Eine Überschreitung der 15 mSv ist z.B. bei Interventionen denkbar, wenn die Augen nicht ausreichend gegen Strahlung geschützt sind. Eine regelmäßige Überwachung der Augenlinsendosis ist bei Nutzung der Schutzvorrichtungen vermutlich an den meisten Arbeitsplätzen nicht erforderlich.

Amtliche Dosimeter für die Messgröße Hp (3) sind voraussichtlich ab 2020 verfügbar. Zu beziehen sind diese über die für uns zuständige Messstelle, das Materialprüfungsamt Nordrhein-Westfalen (MPA NRW) in Dortmund. Das MPA informiert zu Möglichkeiten der Ermittlung der Augenlinsendosis unter

https://www.mpanrw.de/dienstleistungen/strahlenschutz/informationsportal/faq-augendosimetrie/

Für die Erhebungsmessungen können neben den Angeboten des MPAs auch Dosimetrieprodukte der Auswertestelle Helmholtzzentrum München genutzt werden (Stirnbandadapter, Steckschlüssel, Klebeadapter …). Informationen unter

https://www.helmholtz-muenchen.de/awst/leistungen-produkte/teilkoerperdosimetrie/augenlinsendosimetrie/index.html

Die Empfehlung des MPAs lautet:

  • Ab sofort an Arbeitsplätzen tätigkeitsbezogene und nicht personenbezogene Messungen vorzunehmen und zu dokumentieren,
  • um gegebenenfalls den Strahlenschutz zu verbessern,
  • so dass Dauerüberwachungen nicht notwendig sind.