Neues Strahlenschutzrecht XII: Dosisrichtwert – ein neuer Begriff im deutschen Strahlenschutzrecht

In der neuen Strahlenschutzverordnung wurde der Begriff „Dosisrichtwert“ neu eingeführt. Er soll ein betriebsinternes Optimierungsinstrument darstellen und ist nicht zu verwechseln mit den im Strahlenschutzgesetz festgesetzten Grenzwerten für beruflich exponierte Personen. Dieser Artikel informiert über die Pflichten, die für alle Tätigkeiten mit ionisierender Strahlung und radioaktiven Stoffen in diesem Zusammenhang entstehen.

Definiert wird der Dosisrichtwert als „eine effektive Dosis oder Organ-Äquivalentdosis, die bei der Planung und der Optimierung von Schutzmaßnahmen für Personen in geplanten Expositions­situationen als oberer Wert für die in Betracht zu ziehende Exposition dient.“ (§ 1 Abs. 5 StrlSchV)

Gemäß § 72 StrlSchV ist die Zweckmäßigkeit der Einführung geeigneter Dosisrichtwerte für beruflich exponierte Personen zu überprüfen. Die Ergebnisse der Prüfung und die Festlegung von Dosisrichtwerten ist aufzuzeichnen und mindestens für die Dauer von fünf Jahren nach Beendigung der Tätigkeit aufzubewahren.

Eine Festlegung von Dosisrichtwerten sollte insbesondere dann erwogen werden, wenn eine Tätigkeit mit Expositionen verbunden ist, die eine Einstufung der beruflich exponierten Personen in die Kategorie A erforderlich macht. Dosisrichtwerte können für die effektive Dosis oder eine Organ-Äquivalentdosis (z.B. Augenlinsendosis) festgelegt werden. Sie sind personenspezifisch je nach Tätigkeit und auf einen Zeitraum zu beziehen. Je nach Tätigkeit können tages-, wochen-, monats- oder quartalsbezogene Dosisrichtwerte sinnvoll sein.

Übergangsvorschrift: Für Tätigkeiten, die vor dem 31.12.2018 aufgenommen wurden, hat die Prüfung bis zum 01.01.2020 zu erfolgen. (§ 191 StrlSchV)

Dosisrichtwerte für die Beschränkung der Exposition von Betreuungs- und Begleitpersonen bei der Anwendung von ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe am Menschen: Gemäß § 122 Abs. 1 muss innerhalb von sechs Monaten nach Aufnahme einer Tätigkeit geprüft werden, ob die Festlegung von Dosisrichtwerten für die Exposition von Betreuungs- und Begleitpersonen ein geeignetes Instrument zur Optimierung des Strahlenschutzes ist. Es muss ein Leitfaden für den Strahlenschutz von Betreuungs- und Begleitpersonen erstellt werden.

Dosisrichtwert für Begleitpersonen bei Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver Stoffe am Tier in der Tierheilkunde: In der Tierheilkunde ist gemäß § 144 Abs. 2 StrlSchV bei der Planung des betrieblichen Strahlenschutzes ein Dosisrichtwert von höchstens 100 Mikrosievert je Anwendung für die effektive Dosis der Tierbegleitperson als Schutzmaßnahme festzulegen.

 

Was bedeuten die Vorgaben für die Universität und die Universitätsmedizin Göttingen?

Wir bitten im Namen der Strahlenschutzverantwortlichen der Universität und der UMG alle Strahlenschutzbeauftragten, für Ihren Entscheidungsbereich zu prüfen, ob Dosisrichtwerte sinnvoll eingesetzt werden können, und das Ergebnis Ihrer Prüfung der Stabsstelle Sicherheitswesen/Umweltschutz schriftlich mitzuteilen (Muster s. u.). Sollten Dosisrichtwerte festgelegt werden, muss dies zusätzlich in einer betrieblichen Unterlage schriftlich fixiert werden – i.d.R. in der Strahlenschutzanweisung. Die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zu informieren.

In den meisten Fällen wird der Erwartungswert der effektiven Dosis für die beruflich exponierte Person aufgrund der Tätigkeit und bereits getroffener Schutzmaßnahmen nachweislich deutlich kleiner als 1 mSv pro Kalenderjahr sein. In diesen Fällen ist eine messtechnische Überprüfung kaum möglich und ein Dosisrichtwert nicht zielführend. Stattdessen empfehlen wir die bereits übliche Praxis anzuwenden, dass jeglicher Messwert, der signifikant über der Nachweisgrenze liegt (bei der amtlichen Dosimetrie i.d.R. 0,2 mSv) zu einer Untersuchung der Gründe und Vermeidungsmaßnahmen führt.

 

Musterschreiben (verändert nach Brautmeier D. 2019: Dosisrichtwerte. Strahlenschutzpraxis 1/2019)


Betreffzeile: Vollzug der StrlSchV § 191 i. V. m. § 72

Sehr geehrte Damen und Herren,

grundsätzlich wird keine Notwendigkeit für die Festlegung von Dosisrichtwerten in der Klink / im Institut / in der Abteilung XXX gesehen, da der Erwartungswert der effektiven Dosis deutlich kleiner als 1 mSv im Kalenderjahr ist.

Mit freundlichen Grüßen

Datum und Unterschrift des/r Strahlenschutzbeauftragten



Alternativer Text (entsprechend nach Tätigkeit anzupassen):

in der Klink / im Institut / in der Abteilung XXX wird der Dosisrichtwert für folgende Personen auf XY mSv pro Monat/… festgelegt: