Gentechnik Basics: Die Projektleitung, Teil 1


Was bzw. Wer ist die Projektleitung in einem gentechnischen Labor?

Häufig wird der doch sehr allgemeine Begriff Projektleiter*in missverstanden und geglaubt, da man als Arbeitsgruppenleiter*in alle Projekte leitet, hätte man automatisch diese Funktion inne. Das Gentechnik Gesetz (GenTG) kennt jedoch keinen Vorstand, Präsident*in, Instituts- bzw. Klinikleitung oder eben Arbeitsgruppenleitung.

Das GenTG kennt drei verantwortliche Personen: Betreiber*in, Projektleiter*in (im folgenden Projektleitung, PL) und Beauftragte*n für Biologische Sicherheit (BBS).

Die Definition der Projektleitung lautet: „eine Person, die im Rahmen ihrer beruflichen Obliegenheiten die unmittelbare Planung, Leitung oder Beaufsichtigung einer gentechnischen Arbeit oder einer Freisetzung durchführt“.

Durch diese Definition ergibt sich folgendes:

  • Stichwort „berufliche Obliegenheiten„: Die Projektleitung muss in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis zum Betreiber der gentechnischen Anlage stehen, denn sonst ist der Betreiber ihm gegenüber zB nicht weisungsbefugt. Dies trifft zB auf Gastwissenschaftler, externe Ärzte oder Mieter in Laboren zu. Zu lösen ist dies nur mittels eines Vertrages zwischen den Beteiligten oder aber in dem nur angestellte PL benannt werden. Letzteres ist hier an der Universität der Fall.
  • Die Projektleitung ist in einer Position in der sie „unmittelbar die gentechnischen Arbeiten plant, leitet oder beaufsichtigt“. Sie sollte also in der Funktion vor Ort diese Aufgaben übernehmen können; dies wird noch einmal deutlicher wenn es in Teil 2 um die Pflichten der Projektleitung geht.

Die Planung umfasst alle Vorbereitungen inkl der Antragsstellung, unter Leitung versteht man sowohl die Einweisung der Mitarbeiter als auch Anleitung der gentechnischen Arbeiten. Die Beaufsichtigung beinhaltet eine Kontrollfunktion, ob auch alle gesetzlichen Vorgaben und Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. Eine Arbeitsgruppenleitung einer anderen Abteilung wird schwerlich in der Lage sein unmittelbar, also mit direkten Bezug, diese Aufgaben wahrzunehmen und ist daher nicht geeignet. Ebenso wenig die technische Assistenz, welche schon die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt (siehe unten Sachkunde).

Insgesamt kann man sagen, dass die Projektleitung idealerweise die Funktion eines wissenschaftl. Mitarbeiters*in, Arbeitsgruppen- oder Abteilungsleitung innehat und vor allem direkten, persönlichen Bezug zu den Arbeiten im Labor hat! Der/die PL kann aber auch Aufgaben delegieren, wenn er oder sie diese nicht alle selbst wahrnehmen kann. Formal ist die PL nur die Person, die diese Funktion laut GenTG per Anzeige usw. innehat, nicht die Projektleitung im Sinne eines PI (principle investigator).

Projektleiter und BBS in Personalunion?

Da gerade kleinere Abteilungen Schwierigkeiten haben die nötigen verantwortlichen Personen zu besetzen kommt die Frage auf, ob PL und BBS ein und dieselbe Person sein können. Die Antwort ist einfach: Nein. Ein BBS hat eine Kontrollfunktion gegenüber der PL und diese kann sich ja schlecht selbst kontrollieren. Ebenso wenig können übrigens die Funktion BBS und Betreiber*in von einer Person übernommen werden, da hier der BBS den Betreiber beraten soll. Nur bei Betreiber und PL ist die Personalunion möglich. Allerdings ist das eher für kleinere Firmen interessant, da an der Universität die Betreiberfunktion durch Präsident*in bzw. Vorstand übernommen wird.

Voraussetzungen oder was ist die Sachkunde?

Der Gesetzgeber möchte sicherstellen, dass die bestellten Personen nicht nur persönlich zuverlässig sind, sondern auch durch Ihre Sachkunde in der Lage sind, die an sie gestellten Aufgaben und Pflichten zu erledigen. Die Voraussetzungen sind für Projektleitung und BBS identisch.

Die Sachkunde basiert auf drei Säulen:

  1. Den Abschluss eines naturwiss. oder (tier-)medizinischen Hochschulstudiums. An der Universität Göttingen und UMG ist der Nachweis einer Promotion nötig.
  2. Mindestens 3 Jahre Tätigkeit (=experimentelle Kenntnisse) mit gentechnischen Methoden, also der Herstellung und Handhabung von GVOs. Hierbei zählen Tätigkeiten in den Bereichen Mikrobiologie, Zellbiologie, Virologie oder Molekularbiologie. Sollte eine Projektleitung in einer S3 oder S4 Anlage angestrebt werden, sind zusätzlich mind. zwei Jahre Tätigkeit ab S2 nötig.
  3. Besuch des sog. §28 GenTSV Kurses. Hier werden u.a. die verlangten Kenntnisse über Sicherheitsmaßnahmen und Arbeitsschutz bei gentechnischen Arbeiten vermittelt. Eine Übersicht über Kurs-Anbieter finden Sie auf dieser Info Seite.

Nachweis der o.g. Punkte (unbeglaubigte Kopien):

  1. Promotionszeugnis/-urkunde
  2. Bitte einen Lebenslaufs mit Erwähnung der angewandten gentechnischen Methoden erstellen und markieren zu welchen Zeiträumen welche Nachweise beigebracht werden. Bei den Nachweisen gibt es verschiedene Möglichkeiten: zB Erst- max. Zweit-Autoren Paper in denen die verwendeten gentechnischen Methoden beschrieben werden und/oder Auszug aus dem Material und Methodenteil der Masterarbeit, Dissertation über die angewandten gentechnischen Methoden und/oder die schriftliche Bestätigung inkl. Aufzählung der Methoden und Zeiträume eines (ehem.) Vorgesetzten (idealerweise die Projektleitung der gentechnischen Anlage, in der die experimentellen Arbeiten stattgefunden haben).
  3. Teilnahmebestätigung

Wichtig: Pflichten aus anderen Gesetzen, Verordnungen

Das GenTG sagt hinsichtlich der Sachkunde, dass „seuchen- und pflanzenschutzrechtliche Vorschriften unberührt bleiben“. Was heißt das?

Werden mit humanpathogenen Erregern im Sinne des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) oder Tierseuchenerregern oder Pflanzenschaderregern gearbeitet, muss eine Erlaubnis und auch eine Anzeige gemäß dem entsprechenden Gesetz oder Verordnung vorliegen! Da die Erlaubnisse personenbezogen sind, müssen diese extra beantragt werden und sind nicht Teil der Genehmigung für gentechnische Arbeiten. (siehe hierzu auch die Checkliste für S2 Labore).

Im Übrigen muss nicht die PL der gentechnischen Anlage die personenbezogene Erlaubnis besitzen. Es reicht, wenn die Abteilungs-, Instituts- oder Klinikleitung über diese Erlaubnis verfügt und die PL unter deren Aufsicht arbeitet. Achtung: Wenn der/die Erlaubnisinhaber*in die Einrichtung verlässt, muss es einen nahtlosen Ersatz geben.