Basics: Der Hygieneplan im Labor

Das Thema Desinfektionsmittel und Hygieneplan im (Forschungs-)labor kam schon öfters im Newsletter vor. Da immer noch viele Fragen in der Praxis auftauchen finden Sie hier gebündelt Informationen zu den Grundlagen und der richtigen Auswahl von Produkten.

Die Pflicht für einen Hygieneplan aus Sicht der Biologischen Sicherheit:

Die GenTSV schreibt bereits ab S1 vor wirksame Desinfektionsmittel und spezifische Desinfektionsverfahren zur Verfügung zu stellen und anzuwenden. Auch in der Biostoffverordnung (also alle Arbeiten mit Biostoffen außer GVOs) findet sich diese Vorgabe bereits bei Arbeiten in S1, wenn die Organismen eine sensibilisierende bzw. toxische Wirkung haben. Zur Umsetzung dieser Vorgabe wird ein Hygieneplan erstellt (Vorlagen mit Produkten siehe Webseite „Biologische Sicherheit“).

Was drin stehen muss:

  • Angaben zur Desinfektion in der Routine sowie im Kontaminationsfall. Routine bedeutet die geplante Desinfektion zB beim wöchentlichen Laborputz bzw. am Ende des Arbeitstages oder zwischen den Arbeitsschritten, je nach Notwendigkeit.
  • Angaben zur Entsorgung flüssiger und fester Abfälle
  • Kann auch den Hautschutzplan beinhalten (dies ist sinnvoll und reduziert den Zettelwust)
  • Es dürfen nur wirksame (=geprüfte) Präparate verwendet werden. Die ZKBS empfiehlt daher Mittel der offiziellen Listen des RKI, der VAH oder der DVG zu verwenden. Für die Routine zB im Labor nehmen Sie bitte Mittel der VAH Liste (https://vah-liste.mhp-verlag.de/)! Die RKI Liste ist für den Seuchenfall gedacht und enthält sehr hohe Konzentrationen und Einwirkzeiten. Haben Sie keine hohe Belastung mit Schmutz und Blut, brauchen Sie diese Liste nicht! Die Liste der Deutschen Veterinärmed. Gesellschaft (DVG) gilt für Tierhaltungen und veterinärmed.. Einrichtungen.

Qual der Wahl:

Bei der Auswahl verwirren häufig die vielen europäischen Normen, nach denen ein und dasselbe Präparat getestet wurde. Es gibt in vitro Prüfverfahren (sog. Suspensionsversuche) und praxisnahe Tests, die wiederum unterscheiden, ob das Produkt mechanisch (=wischen) aufgebracht wird oder nicht (=sprühen). Die Normen variieren je nach Anwendungsbereich (Humanmedizin, Veterinärmed. oder Lebensmittelbereich) und natürlich, je nachdem ob es sich um ein Flächen-, Instrumenten- oder Händedesinfektiosnmittel handelt. Zudem haben z.B. das RKI oder die VAH eigene Prüfverfahren.

Nehmen Sie die Muster-Hygienepläne mit Produktvorschlägen inkl. Konzentration und Einwirkzeit! Diese gibt es für verschiedene Wirkspektren bereits fix und fertig.

  • Wenn Sie andere Produkte nutzen möchten, müssen diese in den o.g. Listen (VAH, RKI, DVG) stehen.
  • Wählen Sie für molekularbiol. Labore Mittel aus dem Humanmedizinischen Bereich.
  • Wenn möglich achten Sie auf Prüfverfahren, die nicht nur in vitro getestet wurden, sondern in praxisnahen Tests.
  • Achten Sie bei der Wahl von Konzentration und Einwirkzeit auch darauf, ob bei Ihnen im Labor eine hohe Belastung vorliegt oder nicht. Hohe Belastung = hohe organische Belastung (Blut, Eiweiß), hohe Viruskonzentration oder großes Probenvolumen.

 Die häufigsten Fehler:

  • Der Plan muss zu den gehandhabten Organismen passen! Es ist ein Unterschied, ob die Mittel gegen Bakterien, Pilze, Sporenbildner, behüllte oder unbehüllte Viren wirken sollen.
  • Eingetragene Produkte sind bereits nicht mehr erhältlich und/oder stehen nicht in einer der oben genannten Listen.
  • Falsche Auswahl von Produkten: Diese haben immer eine Zulassung, zB als Händedesinfektionsmittel. Ein solches Produkt darf dann nicht für die Desinfektion von Oberflächen benutzt werden. Bitte unbedingt darauf achten!
  • Selbst angesetzte Ethanol oder Isoprop Mischungen haben im Hygieneplan nichts verloren! Es dürfen nur validierte Präparate benutzt werden. Dies können alkoholbasierte Mittel sein, aber eben keine selbst angemischten. Für alle Anwendungen, die NICHT der geplanten Routinedesinfektion oder der Desinfektion von Kontaminationen entsprechen, können Sie die Eigenmischungen selbstverständlich weiter verwenden.
  • Angegebene Konzentrationen und Einwirkzeiten entsprechen weder den Vorgaben des Herstellers noch denen der Listen, zB der VAH Liste. Unpräzise Angaben wie „1 bis 10min“ sind ebenfalls falsch.
  • Verwendung von viel zu aggressiven Mitteln, zu hohen Konzentrationen und Einwirkzeiten. Siehe auch den Kommentar oben zur RKI Liste und denken Sie daran, dass hier auch an den Schutz der Mitarbeitenden gedacht werden muss und nicht „mit Kanonen auf Spatzen geschossen“ werden darf.
  • Apropos Schutz der Mitarbeitenden: Desinfektionsmittel sind Gefahrstoffe! Erstellen Sie eine Betriebsanweisung und legen Sie Schutzmaßnahmen fest, gerade bei aggressiveren Produkten und/oder welchen, die erst verdünnt werden müssen! Unterweisen Sie die Mitarbeitenden!

Arbeiten mit Viren/viralen Vektoren und deren GVOs

Aus der Virusstruktur leiten sich die Wirkbereiche für die Deklaration der Desinfektionsmittel ab. In der Tabelle finden Sie häufig gentechnisch genutzte Viren/virale Vektoren und den zu nutzenden Wirkbereich.

Für die typischen genutzten Vertreter in gentechnischen Laboren (retrovirale Vektoren und Adenoviren) finden Sie auf der Webseite einen Muster-Hygieneplan mit dem Wirkungsbereich begrenzt viruzid PLUS, der somit auch Adenoviren umfasst. Bei allen weiteren verwendeten Viren bitte den Plan gemäß Herstellerangaben ändern/ergänzen.

Tab_Viren_Wirkbereich

(Quelle: „Einsatz geeigneter Desinfektionsmitteln bei gentechnisch veränderten Viren und viralen Vektoren
Stellungnahme der Kommission für Virusdesinfektion der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) e. V. und der Gesellschaft für Virologie (GfV) e. V.“ erschienen im Epidemiologischen Bulletin 36/2020)

 

Sonderfall Parvoviren inkl. AAVs

Flächendesinfektion

Da Parvoviren besonders resistent gegenüber Desinfektionsmitteln sind, müssen Desinfektionsmittel, die gegen Parvovirus-basierte GVO bzw. native onkolytische Parvoviren angewendet werden sollen, auch den Nachweis der Wirksamkeit gegen Parvoviren besitzen! Da Parvoviren jedoch NICHT als Testviren bei den europäischen Normen eingesetzt werden, kann man sich NICHT pauschal auf das Wirkspektrum viruzid verlassen. Es muss ein Nachweis gegen Parvoviren durchgeführt worden sein.

Folgende zwei Produkte sind zu verwenden (siehe auch Muster-Hygieneplan viruzid):

  1. Bevorzugt Perform in einer Konzentration von 1% und Einwirkzeit von 30 Min (Wirksamkeit siehe Korte J et al. PMID: 33023320),
  2. Bei oxydativ empfindlichen Materialien: Optisept mit einer Konz. von 1% und 60 Min Einwirkzeit (gemäß RKI/DVV Richtliine gegen Parvoviren getestet; siehe Produktblatt Hersteller).

Achten Sie unbedingt auf den richtigen Umgang beim ansetzen der Arbeitskonzentration (Stichwort PSA), sowie eine gute Belüftung der Räume, z.B. in dem die Routinedesinfektion nur nach Arbeitsende stattfindet und der Raum verlassen und gelüftet werden kann.

Händedesinfektion

Parvoviren sind sehr unempfindlich gegenüber alkoholischen Desinfektionsmitteln. Wegen ihrer besseren Verträglichkeit bzw. geringeren Toxizität sind jedoch ausschließlich Hände-Desinfektionsmittel erhältlich, deren Wirksamkeit auf Alkoholen basiert. Aus diesem Grund sind keine gegen AAV wirksamen Hände-Desinfektionsmittel verfügbar.

Bei gentechnischen Arbeiten mit AAV oder AAV-Vektoren der Risikogruppe 2 sind daher Einmal-Schutzhandschuhe zu tragen, die regelmäßig zu wechseln sind und die Hände sind häufig zu waschen.

Siehe hierzu auch die ZKBS Stellungnahme Az. 6790-10-73 in der Version von Oktober 2021).

Fragen?

Melden Sie sich gerne bei der Koordinatorin für Biologische Sicherheit, Sonja Voget: 0551-24410 oder sonja.voget@zvw.uni-goettingen.de